Der digitale Samurai  ein Gespräch mit Richard Keegan, Teil II

Im ersten Teil des Gesprächs ging es u.a. um die berühmte Vorlage "Die fünf Ringe" von Miyamoto Musashi und der Frage, was dies mit dem Thema des eBooks "Die fünf Ringe der Lean Business Excellence" zu tun habe. Hier folgt nun der zweite Teil des Gesprächs.

LOG_X: Wir sind zuletzt etwas abgeschweift…

Richard Keegan: In der Tat. Zurück zu Lean: Menschen sind mehr als Atome, Moleküle und Zellen. Und Lean ist mehr als die Mechanik seiner Methoden. Exzellenz hat, wie ich in meinem Buch feststelle, sehr viel mit Respekt und mit Selbstachtung zu tun – mit einem positiv belegten Begriff von Ehre. Nämlich der Ehre desjenigen, der Wasser aus einem Brunnen schöpft, ohne diesen anschließend zu vergiften.

Wohlgemerkt, zur wahren Meisterschaft gehört natürlich die Beherrschung der Werkzeuge und Methoden. Aber das ist nur einer der „fünf Ringe“. Die anderen Ringe heißen Vision, Struktur, Menschen und Prinzipien, zu denen eben der Respekt gehört. Diese fünf Themen – und die darin jeweils enthaltenen fünf Elemente – müssen ausbalanciert werden. Als Manager neigen wir dazu, immer ein Thema zu priorisieren und die anderen zu vernachlässigen. Damit schaden wir dem Ganzen enorm, weil das Gleichgewicht verloren geht…

LOG_X: …und ein gut ausbalanciertes Gleichgewicht ist nicht nur für Schwertkämpfer wichtig, wenn sie Hieben ausweichen oder selbst einen Treffer setzen wollen.

Aber vom alten Samurai zurück in die Gegenwart. Wir leben in einer hektischen Zeit. Nichts ist so alt wie der Erfolg von gestern. Heute und morgen kommt die Digitalisierung über uns. Was können uns dabei Ihre fünf Ringe nützen?

Richard Keegan: Witzig, dass Sie gerade auf dieses Thema kommen. Gemeinsam mit einem Kollegen plane ich nämlich derzeit ein Buch zu „Digital Lean“. Wir diskutieren sehr intensiv darüber, was uns die Digitalisierung wirklich bringen kann.

Einig sind wir uns darin, dass wir die Digitalisierung kreativ dafür nutzen sollten, unsere Wertschöpfungsprozesse weiter zu verbessern. Was gar nicht so einfach ist. In der Praxis treffe ich immer wieder auf begeisterte Techniker, die in ihrer Fabrik alle Daten sammeln, die sie irgendwie bekommen können. Teilweise für teures Geld, mit ausgefeilten Instrumenten. Doch selbst mit einer zutreffenden Analyse der Datensätze sind die möglicherweise existierenden Probleme noch lange nicht behoben. Damit aber laufen wir Gefahr, unseren Blick für die Prozesse und deren Verbesserung zu trüben und Komplexität zu erzeugen, wo bisher Klarheit herrschte.

Oder, um nochmals die eingangs gewählte Analogie zu bemühen: Wir erzeugen jede Menge Lärm und beklagen, dass wir allmählich taub werden. Ohne Frage hilft uns die Besinnung auf die Basics gerade im Fall der Digitalisierung, besser mit der neuerlich explodierenden Komplexität zurecht zu kommen.

LOG_X: Sie meinen also, dass die Lehre des Samurai Musashi auch einen Cyberkämpfer mit Laserschwert zur Meisterschaft führen könnte?

Richard Keegan: So ungefähr jedenfalls (lacht).

LOG_X: Wir werden das beobachten und Sie gelegentlich wieder fragen. Einstweilen vielen Dank für das Gespräch.

Die Fragen stellte Gerhard Spengler

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